Temu startet Local-to-Local und hat nun auch in Europa seine virtuellen Türen für externe Anbieter mit EU-Lager geöffnet.
Seit Juli 2024 haben Händler aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden die Gelegenheit, ihre Produkte auf Temu anzubieten.
Damit beginnt ein neues Kapitel im europäischen eCommerce, das für viele eine spannende Herausforderung und eine enorme Chance darstellt. Ein Branchenportal stellt bereits in den Raum, dass Temu ein „Amazon-Killer“ sein könnte.
Das ist dann doch etwas viel Drama, aber mit der Einführung des Local-to-Local Programms, das Händlern den direkten Versand ihrer Waren aus Europa ermöglicht, hat Temu einen wichtigen Schritt in Richtung Angriff auf bestehende Marktplätze auf dem europäischen Markt gemacht. Dieser Schritt könnte das bestehende Marktplatzgefüge erheblich beeinflussen.
Temu: Ist das die Chance, von Anfang an Teil eines stark wachsenden Marktplatzes zu sein?
Für deutsche Händler eröffnen sich mit Temu attraktive Möglichkeiten, ihre Produkte einer breiten Zielgruppe zu präsentieren. Während die Händler selbst für die Erstellung der Produktlisten, die Lagerung in Europa sowie den Versand und die Abwicklung von Retouren verantwortlich sind, bietet Temu umfangreiche Unterstützung in anderen Bereichen. Die Plattform stellt mehrsprachigen Kundensupport zur Verfügung, übernimmt die Werbung und Verkaufsförderung und bietet Full-Channel-Marketing sowie Unterstützung bei der Implementierung.
Diese Dienstleistungen entlasten Händler bei wichtigen Marketing- und Kundenserviceaufgaben, sodass sie sich stärker auf die Qualität und Präsentation ihrer Produkte konzentrieren können. Besonders hervorzuheben ist dabei die Marketingunterstützung, die vielen Händlern den Einstieg auf der Plattform erleichtert und ihnen hilft, ihre Reichweite schnell zu vergrößern.
Ein Blick auf die Plattform zeigt, wie ernst es Temu mit der europäischen Expansion meint: Erste in Europa lagernde Produkte sind bereits verfügbar. Diese Listings sind in den Serps mit einem grünen Badge „Lokal“ gekennzeichnet. Im Listing selbst sieht der potentielle Käufer „Lokales Lager“ und die voraussichtliche Lieferzeit.
Ein Beispiel hierfür ist der Elektronikhersteller KXD, der viele seiner Produkte neben Amazon auch auf Temu anbietet – und das zu einem Preis, der bspw. bei dem Modell KXD A09 etwa 20 Euro unter seinem eigenen Angebot auf Amazon liegt. Bei ähnlichen Lieferzeiten kann dies ein klarer Vorteil für preisbewusste Käufer sein. Zumal in diesem Beispiel eine Lieferzeit von 3 Werktagen innerhalb Deutschlands angegeben wird.
Widerstand aus der Branche – aber Konsumenten entscheiden anders
Natürlich stößt Temus Expansion nicht überall auf Begeisterung. Vor allem in Deutschland und anderen EU-Ländern formiert sich seit Monaten Widerstand seitens der etablierten Händler und Verbände. Die Kritik ist laut, doch sie übersieht oft ein Argument, welches in Zeiten leerer Haushaltskassen sticht: der Preis, auf den Konsumenten achten müssen. Egal, welche Argumente gegen Temu ins Feld geführt werden – Fakt ist, die Verbraucher schauen auf den Preis. Und da hat Temu anderen Wettbewerbern gegenüber bei vielen Produkten das interessantere Angebot. Wir können als Unternehmer und Unternehmerinnen über die Gründe diskutieren und spekulieren, dies interessiert den Kaufinteressenten aber auf seiner Customer Journey zum Checkout nicht. Der derzeit häufige Ruf nach einer Einschränkung von Temu durch die Politik ist auch nur ein Zeichen derjenigen Unternehmer, die sich ideenlos gegen Veränderung wehren. Jammern war noch nie eine unternehmerische Lösung.
Wir werden Temu nicht aufhalten!
Andreas Frank, eCommerce-Mentor
Ein altes Sprichwort sagt, “If you can’t beat them, join them.” Anstatt sich gegen die Plattform zu stemmen, ist es für viele Händler klüger, die Chance zu nutzen, die Temu ihnen bietet.
Gerade in einem Umfeld, in dem Plattformen wie z.B. Otto.de aktuell sehr deutlich signalisieren, dass sie im Grunde herzlich wenig Interesse an Marktplatzhändlern haben und eBay in immer mehr Produktsegmenten schwächelt, könnte Temu eine lohnende Alternative sein.
Händler, die ihre Zeit und Ressourcen besser investieren möchten, sollten die Reichweite und Dynamik von Temu in Betracht ziehen.
Der Weg geht auch andersherum: Neue Perspektiven für europäische Produzenten und Händler
Interessant ist auch die perspektivische Entwicklung für europäische Produzenten und Händler. Langfristig könnte sich Temu nicht nur als Plattform für den regionalen Verkauf etablieren, sondern auch als Sprungbrett für den internationalen Handel dienen. Besonders kleinere und mittelständische Unternehmen, die bisher aufgrund ihrer limitierten Kapazitäten hauptsächlich auf den europäischen Markt fokussiert waren, könnten durch Temu eine weltweit deutlich größere Reichweite erzielen. Ganz besonders in Märkten, die Amazon nicht perfekt oder gar nicht abdeckt.
Der Export in Märkte außerhalb Europas über Temu wird möglicherweise zur Realität – eine riesige Chance, um die internationale Expansion voranzutreiben. Ob dies langfristig die optimale Strategie ist, bleibt abzuwarten, aber die Potenziale für mittelständische Unternehmen sind immens.
Jetzt ist die Zeit für klare Strategien
Die Lieferzeiten hat Temu im letzten Jahr bereits deutlich optimiert und verkürzt. Mit dem neuen Local-Programm wird die Zustellzeit jetzt auf bis zu drei Tage reduziert, was absolut konkurrenzfähig mit den etablierten Wettbewerbern ist. Studien zeigen zudem klar, dass Kunden bei günstigeren Preisen bereit sind, auch längere Lieferzeiten in Kauf zu nehmen – ein Vorteil, den Temu weiter für sich nutzen kann. Unternehmen müssen daher handeln und ihre Strategien anpassen, um langfristig im Wettbewerb mit Temu und anderen aufstrebenden Shopping-Apps bestehen zu können, vor allem in der nun anstehenden Ära des Social Commerce. Wer jetzt nicht aktiv wird, riskiert, den Anschluss zu verlieren.
Temu Local-to-Local: Ein Blick in die Zukunft des europäischen eCommerce
Dass Temu jetzt europäische Händler an Bord holt, war absehbar und nur eine Frage der Zeit. Nachdem der US-Markt bereits für lokale Händler geöffnet wurde, war der Schritt nach Europa logisch und konsequent.
Andreas Frank, eCommerce-Experte und Herausgeber des eCommerce-Strategie-Magazins SELR, sieht Temus Expansion als Weckruf für die Branche: „Temu zeigt, wie schnell sich der Markt entwickelt. Händler in Europa müssen sich anpassen, um nicht abgehängt zu werden.“
Es bleibt spannend, wie sich die europäische Offensive von Temu entwickelt. Es ist nicht zu erwarten, dass die Plattform ihre kostenlose Struktur für EU-Händler beibehält. Das aktuelle Preismodell scheint offensichtlich ein Köder zu sein, um möglichst viele geeignete Online-Händler und Produzenten im D-to-C-Bereich zu gewinnen. Erste kritische Stimmen dazu sind auf LinkedIn bereits zu vernehmen. Es ist dem Alarmismus geschuldet, dass manche Unternehmer erst einmal grundsätzlich gegen alles und jeden aus Asien wettern, bevor sie darüber nachdenken, ob sich hier nicht große Chancen für ihr Unternehmen bieten. Markteintritte und Erweiterungen zu subventionieren ist nichts, was Temu alleine macht. Auch Otto ging beim Pivot zum Marktplatzgeschäft in Vorleistung, Business as usual.
Nach Berechnungen von China Merchants Securities verliert Temu aktuell jährlich etwa eine Milliarde Dollar bei ihren Aktivitäten ausserhalb Chinas. Temu kann es sich dennoch leisten, zum Launch des Temu Marktplatzmodells den Händlern keine oder nur sehr geringe Gebühren zu berechnen. Die Muttergesellschaft Pinduoduo (PDD) ist im Heimatmarkt China überaus erfolgreich und verdient dort genug Geld. Auch Amazon hat hohe Verluste eingefahren. Einige Aktionäre waren darüber beunruhigt. Jeff Bezos antwortete damals, dass er gerne Verluste in Kauf nehme, um schnell zu wachsen und die bestmögliche Marktdurchdringung zu erreichen. Wenn er Gewinne machen wolle, brauche er nur auf einen Knopf zu drücken, ein paar Stellschrauben zu drehen und Amazon würde über Nacht Milliardengewinne einfahren.
Eines ist sicher: Temu Local-to-Local bringt frischen Wind in den europäischen E-Commerce. Händler, die jetzt einsteigen, haben die Chance, von der großen Reichweite und Werbekraft von Temu zu profitieren. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. Aber es ist besser es zu versuchen, als später zuzusehen, wie die Konkurrenz links und rechts vorbeizieht.
Jetzt ist die Zeit, mit Temu zu wachsen!
Die Expansion von Temu nach Europa markiert den nächsten Schritt im europäischen Marktplatzgeschäft. Die Plattform bietet Händlern neue Chancen.
Mit dem neuen Temu Local-to-Local-Programm geht die chinesische Plattform offensichtlich auch einen entscheidenden Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit – ein Bereich, in dem die Plattform bisher stark kritisiert wurde. Vorwürfe, Temu würde bei der Umsatzsteuer und beim Zoll unlautere Praktiken anwenden, war bislang einer der größten Kritikpunkte. Durch das Local-Programm zeigt Temu nun, dass es offensichtlich bereit ist, sich den europäischen Standards anzupassen und faire Bedingungen für alle Marktteilnehmer zu schaffen.
Diese Veränderungen bei den Versandzeiten und der steuerlichen Transparenz machen Temu zu einer zunehmend attraktiven Option für Verbraucher. Für Händler stellt sich die Frage, wie sie diese Entwicklungen strategisch nutzen können, ohne ihre eigenen Marktpositionen zu gefährden.
Für welche Marktsegmente ist Temu der geeignete Absatzkanal?
Temu lässt sich nicht aufhalten – dafür ist die Plattform zu clever. Trotz der Kritik, die ihr entgegengebracht wird, hat Temu gezeigt, dass es in der Lage ist, sich schnell an Marktbedingungen anzupassen und neue Strategien zu entwickeln, um für europäische Konsumenten attraktiv zu sein. Insbesondere in vielen Produktsegmenten, in denen preisbewusste Kunden agieren, punktet Temu. Für kleinpreisige Artikel wird es für Händler zunehmend schwieriger, diese über eigene Shops oder Plattformen wie Amazon rentabel zu verkaufen. Hier setzt Temu an und bietet eine attraktive Alternative, was viele Kunden bereits erkannt haben: über 200.000 Bestellungen versendet Temu nach Schätzungen täglich nach Deutschland. Tendenz stark steigend.
Wie gehen wir Onlinehändler nun mit der Öffnung durch Temu Local-to-Local konkret um?
Klar ist, nicht für jedes Produkt und jedes Marktsegment ist Temu die richtige Wahl. Händler müssen sorgfältig beobachten und kontinuierlich analysieren, ob und wann es für ihre spezifischen Produkte sinnvoll ist, auf Temu präsent zu sein.
In diesem Punkt dürfen Händler und Hersteller nicht nachlässig sein. Der Markt und die Nutzerstruktur auf Temu verändert sich schnell. Was heute noch nicht funktioniert, könnte morgen schon mit den Sales durch die Decke gehen.
Temu ist nicht das Monster, für das es von vielen Online-Händlern in Deutschland gehalten wird.
Andreas Frank, SELR.DE
Besonders clevere Händler nutzen unabhängig von ihrem Portfolio die Gelegenheit und gehen bereits jetzt mit gewissen Produkten auf Temu online. Dadurch sichern sie sich ein Standbein auf der Plattform und können gleichzeitig wertvolle Erfahrungen sammeln, wie Temu funktioniert und wie man dort erfolgreich agieren kann. Diese Lernphase könnte sich in Zukunft als entscheidend erweisen, wenn Temu weiter an Bedeutung gewinnt und es für Händler immer wichtiger wird, die Mechanismen der Plattform zu verstehen und für sich zu nutzen.
Doch Temu Local-to-Local birgt nicht nur Chancen, sondern auch Gefahren für deutsche Händler. Mit dem lokalen Ansatz öffnet sich die Plattform nicht nur für europäische Unternehmen, sondern auch für chinesische Händler, die ihre bekannten Vorteile – insbesondere niedrige Produktionskosten – nun mit den Vorzügen europäischer Warenlager kombinieren können. Diese Kombination könnte den Wettbewerb für deutsche Händler erheblich verschärfen, da chinesische Anbieter in der Lage sein werden, ihre Produkte schneller und günstiger an die Kunden zu bringen, während sie gleichzeitig von den etablierten Netzwerken und Verkaufsstrategien profitieren, die Temu ihnen bietet. Daher ist es für deutsche Händler von entscheidender Bedeutung, diese Entwicklungen genau zu beobachten und ihre Strategien entsprechend anzupassen, um im Wettbewerb bestehen zu können.
Für Händler bedeutet dies, dass sie ihre Strategien kontinuierlich hinterfragen und flexibel bleiben müssen, um in einem sich schnell verändernden Marktumfeld bestehen zu können. Der Erfolg der Händler auf Temu wird nicht nur davon abhängen, wie gut die Plattform die Bedürfnisse der europäischen Konsumenten versteht, sondern auch davon, wie geschickt die Händler ihre eigenen Produkte und Marktsegmente positionieren. Es ist ein Spiel der Anpassung und Beobachtung, bei dem diejenigen gewinnen, die frühzeitig handeln und bereit sind, Neues auszuprobieren.
Temu Local-to-Local wird zu besseren Produkten auf der Plattform führen
Wann immer das Thema Temu aufkommt, ist sofort der Beißreflex der Kritiker getriggert. Unreflektiert wird über alles hergezogen, was Temu unternimmt. Mehr Objektvität würde vielen Kritikern gut zu Gesicht stehen!
Produktsicherheit ist kein Temu-exklusives problematisches Thema. Vielfach werden identische Produkte aus identischen Fabriken auf zahlreichen Vertriebskanälen angeboten. Ein schlechtes Produkt ist aber nicht besser, wenn es statt auf Temu auf Amazon, Otto oder in einem schicken-hippen Shop angeboten wird.
Das Temu Local-to-Local Programm hat das Potenzial, nicht nur den Marktzugang für europäische Händler zu verbessern, sondern auch die Produktqualität nachhaltig zu steigern.
Wenn Artikel von deutschen Händlern und Produzenten auf Temu angeboten werden, können Verbraucher viel eher auf hohe Standards bei Produktsicherheit und Schadstoffprüfungen vertrauen.
Zudem ermöglicht die Lagerung durch chinesische Händler in der EU eine strengere Kontrolle durch Zoll und Marktüberwachung. Dies gewährleistet, dass die Produkte den europäischen Qualitätsanforderungen entsprechen – eine klare Verbesserung gegenüber der aktuellen Praxis, bei der täglich viele hunderttausend Einzelpäckchen ohne umfassende Kontrolle direkt an die Endkunden versendet werden.
Temu Local-to-Local ist ein in vielerlei Hinsicht spannendes Programm, das nicht nur neue Vertriebswege für viele deutsche E-Commerce-Unternehmen und D-to-C-Produzenten eröffnet, sondern auch das Potenzial hat, die Produktqualität und Verbrauchersicherheit auf dem Marktplatz Temu in Europa zu verbessern. Verkäufer und Konsumenten können gleichermaßen von den Möglichkeiten profitieren, die dieses neue Programm von Temu bietet.
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