DtC – oder die Hersteller werden sterben

DtC – oder die Hersteller werden sterben

Warum Produzenten jetzt den Direktverkauf an den Endkunden (DTC) adaptieren müssen

In einer schnelllebigen Welt, in der die Technologie stetig voranschreitet und Verbrauchergewohnheiten sich verändern, können es sich Hersteller nicht leisten, ihren Wettbewerbsvorteil zu verlieren. Eine Methode, die immer mehr an Bedeutung gewinnt und bei der Produzenten jetzt auf den Zug aufspringen sollten, ist der Direktverkauf an den Endkunden, auch bekannt als DTC (Direct-to-Consumer).

1. Enge Kundenbindung aufbauen

DTC ermöglicht es Unternehmen, eine direkte Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen. Anstatt sich auf Zwischenhändler zu verlassen, können Produzenten jetzt direkt mit ihren Endkunden kommunizieren, Feedback erhalten und ihre Produkte oder Dienstleistungen entsprechend anpassen. Diese Nähe zum Kunden führt zu einer tieferen Loyalität und ermöglicht es, ihre Bedürfnisse und Vorlieben besser zu verstehen und darauf zu reagieren.

2. Mehr Daten, bessere Entscheidungen

Wenn Produzenten direkt an den Endverbraucher verkaufen, erhalten sie Zugang zu einer Fülle von Daten, die sonst schwer zugänglich wären. Diese Daten umfassen Kundenverhalten, Vorlieben, Feedback und Kaufhistorie. Durch den Einsatz moderner Analysetools können Unternehmen diese Daten nutzen, um personalisierte Marketingstrategien zu entwickeln, den Produktlebenszyklus zu optimieren und ihre Geschäftsentscheidungen insgesamt zu verbessern.

3. Höhere Margen und Kontrolle

Ohne Zwischenhändler behalten Produzenten einen größeren Anteil des Verkaufspreises. Dies führt nicht nur zu höheren Gewinnmargen, sondern gibt ihnen auch die Freiheit, die Preisgestaltung flexibler zu gestalten. Außerdem können sie die gesamte Customer Journey, von der Produktpräsentation bis zum Kundendienst, kontrollieren und so ein kohärentes Markenerlebnis gewährleisten.

4. Schnelle Anpassungsfähigkeit

In einem DTC-Modell können Unternehmen schnell auf Marktveränderungen reagieren. Sie sind nicht mehr an langfristige Verträge mit Händlern gebunden und können somit schneller Innovationen einführen, Produktlinien anpassen oder auf Feedback reagieren.

5. Moderner Konsument erwartet es

Der moderne Verbraucher sucht nach Bequemlichkeit, Personalisierung und Authentizität. DTC bietet all dies und mehr. Durch den direkten Zugang zu den Produkten und der Möglichkeit, direkt vom Hersteller zu kaufen, fühlen sich Kunden oft wertgeschätzt und berücksichtigt.

Direktvertrieb: Digitalisierung als Türöffner für Produzenten

Die Digitalisierung hat die Geschäftswelt revolutioniert, besonders im Kontext des DTC-Modells. Wo Produzenten früher erhebliche Ressourcen investieren mussten, um einen direkten Verkaufskanal aufzubauen, ermöglichen Plattformen wie Amazon und Shopify heute einen nahtlosen und kostengünstigen Einstieg in den Direktverkauf. Dabei reduzieren sie die Komplexität der Lagerhaltung, des Versands und des Zahlungsverkehrs.

Doch nicht nur der Verkauf, auch die Kundenansprache hat sich dramatisch vereinfacht. Soziale Medien wie TikTok und Instagram bieten Zugang zu Milliarden von Nutzern weltweit und erlauben es, gezielte Werbekampagnen mit beeindruckender Präzision zu schalten. Während es früher schwierig und teuer war, relevante Reichweite in der Zielgruppe aufzubauen, ermöglichen diese Plattformen heute eine effiziente und effektive Kundengewinnung. Produzenten können ihre Geschichten direkt teilen, Beziehungen aufbauen und ihre Markenpräsenz verstärken, ohne zwangsläufig in teure traditionelle Werbekanäle zu investieren. Die Digitalisierung hat somit die Spielregeln verändert und bietet Chancen, die es so vorher nicht gab.

Neuausrichtung im Zwischen- und Großhandel

Das aufkommende DTC-Modell und die Einfachheit, mit der Produzenten heutzutage direkt an Endkunden herantreten können, stellt den traditionellen Zwischen- und Großhandel vor immense Herausforderungen.

Diese Akteure, die einst als unverzichtbare Bindeglieder in der Lieferkette galten, sehen sich nun mit einer Landschaft konfrontiert, in der ihre Rolle weniger zentral ist. Während sie einst für Distribution, Lagerung und Marketing verantwortlich waren, ermöglichen digitale Plattformen und soziale Medien es den Produzenten, viele dieser Aufgaben selbst zu übernehmen.

Dies bedeutet jedoch nicht das Ende des Groß- und Zwischenhandels. Stattdessen erfordert es eine Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle. Sie müssen ihren Mehrwert neu definieren, indem sie beispielsweise spezialisierte Dienstleistungen, tiefe Marktkenntnisse oder exklusive Partnerschaften anbieten. Zudem können sie ihre Rolle als Berater und Experten stärken, um Produzenten dabei zu unterstützen, effektiver und effizienter auf dem Markt zu agieren. Die Veränderungen im Konsumverhalten und in der Marktdynamik fordern den Groß- und Zwischenhandel heraus, sich neu zu erfinden und ihre Rolle in einer sich ständig wandelnden Handelslandschaft neu zu definieren.

Direct-to-Consumer: Quo vadis Groß- und Zwischenhandel?

In Anbetracht der Verschiebungen im Handelsumfeld müssen sich Großhändler fragen, ob es sinnvoll und notwendig ist, selbst zum Produzenten zu werden.

Tatsächlich gibt es einige Vorteile, die für diesen Schritt sprechen:

  • Erstens könnten Großhändler von ihrer bereits etablierten Infrastruktur, Marktkenntnis und Kundenbasis profitieren, um eigene Produkte effizient auf den Markt zu bringen.
  • Zweitens könnten sie durch eine eigene Produktion ihre Margen erhöhen und sich von der Abhängigkeit von Drittanbietern lösen.

Allerdings ist eine solche Transformation nicht ohne Herausforderungen. Sie erfordert erhebliche Investitionen, die Übernahme von Produktionsrisiken und möglicherweise das Betreten von Fachgebieten, die außerhalb ihrer Kernkompetenzen liegen. Während es für einige Großhändler sinnvoll sein könnte, diesen Weg zu beschreiten, sollten sie eine sorgfältige Analyse ihrer Ressourcen, Fähigkeiten und des Marktpotenzials durchführen, bevor sie solch einen grundlegenden Wandel in Erwägung ziehen.

Die Landschaft des Handels befindet sich in einem beispiellosen Wandel.

Für Produzenten, die bisher in der sicheren Blase des B2B-Geschäfts verweilten, bedeutet das Eintauchen in die DTC-Welt, eine völlig neue Sprache und Kultur zu lernen. Die Komplexität des Endkundengeschäfts, das Verständnis für ihre Bedürfnisse, Wünsche und Verhaltensweisen ist ein Terrain, das für viele Produzenten Neuland ist. Doch diejenigen, die vorausschauend handeln und rasch Kompetenzen in diesem Bereich aufbauen, werden wohl am besten für die Zukunft gerüstet sein.

Gleichzeitig haben Groß- und Zwischenhändler, die bisher eine Schlüsselrolle in der Wertschöpfungskette spielten, eine goldene Gelegenheit vor sich. Mit ihrem tiefen Wissen über Produkte, Märkte und Kunden können sie sich in Hersteller verwandeln und ihre Expertise nutzen, um eigene, konkurrenzfähige Produkte zu entwickeln.

Es zeichnet sich also ab, dass in dieser neuen Ära des Handels nicht unbedingt der Größte, sondern der Anpassungsfähigste überleben wird.

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Über die Autor*innen

Andreas Frank

Andreas Frank ist ein Pionier der deutschen Digitalwirtschaft, hat seit 1992 mehrere Internetfirmen mit Erfolg gegründet und ist an acht Exits beteiligt. Er wohnt in Palma de Mallorca und führt seine auf digitale Geschäftsmodelle spezialisierte FrankVestor GmbH in Hamburg. Frank ist ausgebildeter Werbekaufmann und hat Marketing, Kommunikation und Wirtschaftsrecht studiert. Er ist als Berater, Investor und Redner tätig und engagiert sich seit vielen Jahren im Expertenrat des Händlerbundes.