ChatGPT startet die Customer Journey, der Onlineshop ist das neue Faxgerät

KI-Agenetn werden zum Verkaufsberater

[Editorial] Der eCommerce sortiert sich gerade neu. Schneller, als es viele wahrhaben wollen. Seit Langem spreche ich davon, dass der klassische, statische Onlineshop für viele Produktgruppen ausgedient hat. Nicht sofort. Aber schleichend und unaufhaltsam.

Das Spielfeld teilt sich: Auf der einen Seite Produkte, die impulsiv gekauft werden; emotional, aus dem Moment heraus, oft ausgelöst durch Social Content. Die gute alte Fußgängerzone kommt zurück. Ins Netz. Durch Social Commerce. Auf der anderen Seite stehen Produkte, die rational und zweckorientiert gekauft werden; mit klarer Verbrauchsabsicht, funktional, vergleichbar.

Meine Prognose drang die letzten Jahre nicht so wirklich durch bei den Onlinehändlern, zu gut lief noch ihr Business. Jetzt, wo der Wind stärker ins Gesicht bläst, schauen sie sich Hilfesuchend um, was denn da gerade mit ihnen passiert.

Social Commerce wird sich große Teile des impulsgetriebenen Marktes holen

Genau das passiert aktuell. Nicht irgendwann, jetzt. Noch steckt das Thema in Deutschland und Europa in den Kinderschuhen, aber die Richtung ist eindeutig, die Geschwindigkeit enorm. Der große Erfolg von zahlreichen Marken und Anbietern im neuen TikTok Shop beweist das. Wer jetzt startet, kann sich Sichtbarkeit und Relevanz sichern.

Noch nie war das Sprichwort, dass nicht die Großen die Kleinen fressen, sondern die Schnellen die Langsamen, so zutreffend wie heute mit dem Aufkommen des Social Commerce.

Was viele ebenfalls nicht kommen sehen wollen: Auch der zweite Bereich, die vermeintlich sicheren, planbaren Verkäufe auf den Marktplätzen und im eigenen Onlineshop, werden vom Wandel nicht verschont. Denn hier übernimmt die KI.

Wie eine Welle schwappen die AI-gesteuerten Shopping-Agenten über uns herein

ChatGPT & Co. beantworten Fragen wie: „Welcher Tesafilm ist leise, reißfest und günstig?“ oder „Welche Rollschuhe für einen Jungen im Alter von zehn Jahren sind das beste Modell in punkto Qualität, Sicherheit und Preis-Leistung?“ Immer häufiger werden diese Fragen von den Sprachmodellen beantwortet, inklusive Bewertungen, Live-Preisen und direktem Kauflink. Der statische Shop? Spielt in diesem als Ausgangspunkt der Customer Journey keine Rolle mehr.

Der Weg beginnt nicht mehr auf Google, auch nicht auf Amazon und für Neukunden schon gar nicht mehr im eigenen Shop.

Genau hier entscheidet etwas, das viele komplett unterschätzen: der Produktfeed. Diese nüchterne, oft vernachlässigte Datenbasis, ist künftig ein Schlüssel zur Sichtbarkeit; nicht nur für Kunden, sondern vor allem für Maschinen. Wer hier schludert, wird ausgeblendet. Leise. Automatisch. Kein Mensch wird es merken, aber deine Conversion-Rate wird es dir zeigen.

Und das ist mehr, als nur ein technisches Detail. Das ist die neue Basis für Sichtbarkeit. Nicht nur für Google, sondern für alle Algorithmen, die künftig Entscheidungen treffen.

Sichtbarkeit muss komplett neu gedacht werden

Es geht nicht mehr nur um Headlines, die gut klicken, sondern um Daten, die ein Modell sofort versteht. Nicht um Schlagworte, sondern um Struktur. Nicht um Textlängen, sondern um Präzision.

SEO, Content und Produktdaten, all das muss neu justiert werden. Wer hier weiter mit alten Werkzeugen arbeitet, betreibt Sichtbarkeit für ein Publikum, das gar nicht mehr selbst entscheidet.

Ja, der Feed ist nur ein Mosaikstein. Aber er ist essenziell. Von all diesen Steinen hängt künftig dein gesamtes Geschäftsmodell ab.

Ein weiterer blinder Fleck: die Abhängigkeit vom Performance Marketing

Viele Händler haben sich die letzten Jahre von kurzfristigem Erfolg blenden und von den PPC-Verkäufern um die Finger wickeln lassen. Klicks, ROAS, Funnels, alles optimiert. Nur eben: keine Kundenbindung. Keine Community. Keine Marke.

Seit langem warne ich davor und schreibe mir die Finger wund, die PPC-Falle killt Unternehmen. Sales nur auf Performance-Marketing aufzubauen, ist ein Irrweg. Ihr seht die Schwächen des Systems nicht sofort, aber sie wird Euch langfristig zugrunde richten. Das ist wie mit der Pistolenkugel, der Schuß trifft Euch, bevor ihr ihn hört.

Liebe PPC-Agenturen, cool down, Performance-Marketing ist nicht generell unwichtig. Allerdings war die Gewichtung die letzten Jahre komplett falsch justiert. Viele Onlinehändler wurden vom Vertrieb in die Falle gelockt und die ganzheitlich denkenden Marketingprofis mit aufgehübschten Zahlen mundtot gemacht.

Jetzt rächt sich die PPC-Hörigkeit

Durch den Rollout zahlreicher neuer KI-Features fällt immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmern auf, was fehlt: Vertrauen. Wiedererkennung. Loyalität. Kundenbindung. Customer Lifetime Value. Sales ohne permanente Incentivierung.

  • Was zählt, ist das, worüber ich seit Jahren spreche; auf Bühnen, in Workshops, in der Beratung: Marken aufbauen. Marke, Marke, Marke.
  • Und bitte, denkt endlich an eigene Communities. Das ist der nächste größte Hebel, wenn KI die Customer Journey an sich reißen möchte.

Wer eigene Produkte verkauft, muss sie jetzt zur echten Marke machen. Wer Handelsware verkauft, muss den Move zur Eigenmarke gehen – und zwar richtig. Nicht einfach ein Alibaba-Produkt mit Logo online stellen. Das ist so irgendwie 2018. Es geht um eigene Produkte, eigene Entwicklungen oder Weiterentwicklungen mit Verbesserungen, echtes Branding: mit Positionierung, Design, Story, Identität.

Denn eine starke Marke wirkt zigfach: Sie überzeugt Menschen und wird von Maschinen erkannt. Wer Marke ist, der bleibt. Ob im verbliebenen Potential der Onlineshops, ob im Social Commerce oder auch in den KI-gesteuerten Kaufscheidungen. Und die eigene Marke ist die Basis zur Community. Die Basis dafür, dass Du Deine Kunden zu KOCs machst, zu Key Opinion Customers.

Was also tun?

Wir müssen aufhören, unsere Energie ausschließlich in den klassischen Onlineshop zu stecken, als wäre er noch der Mittelpunkt der Reise. Denn das ist er nicht mehr.

Der Shop ist nicht mehr das Ziel. Er ist Beiwerk. Ein Showroom. Der Raum, in dem – je nach Ausstattung der Drittkanäle mit eigenen Checkouts – ein Kauf bestätigt wird, aber fast nicht mehr entsteht.

Die Entscheidung fällt längst vorher, in der eigenen Community, im Social Feed oder im Gedankenblitz eines Bots.

Unsere Aufgabe ist es, Produkte menschlich faszinierend und maschinell unübersehbar zu machen. Denn eCommerce braucht jetzt beides: Emotionen und Effizienz. Relevanz für Menschen. Struktur für Maschinen.

Die KI-Sales-Journey ist eine Chance

Sie bietet Dir enorme Wachstumschancen. Du musst das Spiel annehmen, es hat bereits begonnen. Und setze jetzt die Prioritäten richtig:

  • Gehe das Thema Social Commerce jetzt an! Informiere dich darüber; lerne von denen, die TikTok Shop schon erfolgreich einsetzen in Deutschland.
  • Kümmere dich um deinen Produktfeed, stell das alles sauber auf.
  • Denke SEO neu und optimiere deine Contentstrategien unter den neuen Gesichtspunkten.
  • Und denke daran, Communitybuilding und das detaillierte Kennen der eigenen Kunden – hast Du eine sauber geführte Kundenliste? – sind Gold wert. In diesen direkten Kanal zum Kunden grätscht Dir die KI noch nicht rein.

Die Veränderungen durch Social Commerce und KI-Agenten sind natürlich gewaltig und erordern viel Aufwand und Energie. Von uns und von unserem Team. Aber Ausruhen hat nichts mit Onlinehandel zu tun. Wer das denkt, ist im falschen Business gelandet.

Vermeide den Tunnelblick

Nutze alle Möglichkeiten, Dich zu informieren. Tausche Dich auch außerhalb Deines Netzwerkes aus; mit Leuten, die Du vielleicht noch nicht auf dem Schirm hattest. Frag mich, ich kann Dein Gamechanger im Bereich Social Commerce und TikTok Shop sein. Nach zwei Stunden Mentoring siehst Du vieles klarer.

Und – das möchte ich Dir unbedingt ans Herz legen – informiere Dich jetzt, was wir Europäer von unseren Kollegen in Asien lernen und übernehmen können.

Vor einigen Wochen habe ich in Saigon auf dem NFQ Asia Summit 2025 im K5 Panel eine Masterclass gehalten. Die gibt es jetzt auch auf Deutsch.


Was wir Europäer von den Asiaten lernen müssen
Die Masterclass vom NFQ Asia Summit 2025 im K5 Panel auf Deutsch

Sichere dir jetzt den Kurs und erfahre in nur 90 Minuten, wie Du mit erprobtem Wissen, praxisnaher Erfahrung und frischen Impulsen Dein Geschäft spürbar nach vorne bringst – mehr Sichtbarkeit, mehr Umsatz, mehr Klarheit für Deinen nächsten Schritt.

Dein Andreas Frank


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Über die Autor*innen

Andreas Frank

Andreas Frank ist ein Pionier der deutschen Digitalwirtschaft, hat seit 1992 mehrere Internetfirmen mit Erfolg gegründet und ist an acht Exits beteiligt. Er wohnt in Palma de Mallorca und führt seine auf digitale Geschäftsmodelle spezialisierte FrankVestor GmbH in Hamburg. Frank ist ausgebildeter Werbekaufmann und hat Marketing, Kommunikation und Wirtschaftsrecht studiert. Er ist als Berater, Investor und Redner tätig und engagiert sich seit vielen Jahren im Expertenrat des Händlerbundes.