TikTok Shop ist in Deutschland gestartet und was passiert? Genau das, was immer passiert, wenn etwas Neues kommt: Die einen sind neugierig und die anderen schreiben vom rechtlichen Weltuntergang.
Ja, es stimmt: Der Shop ist noch nicht rechtlich durchoptimiert.
Aber mal ehrlich: War Amazon das? Ist es das denn heute? Frag mal die Apotheken, die gerade ihre Produkte dort rausnehmen mussten.
Was TikTok Shop aktuell ist: Ein System im Aufbau, mit Ecken und Kanten.
Was er nicht ist: Ein Grund, jetzt pauschal zurückzuzucken und sich rauszuhalten.
Was Sache ist, juristisch gesehen
Der Händlerbund hat die Lage klar eingeordnet. Kein Drama, aber auch kein Freifahrtschein.
Hier die wichtigsten Punkte in Kurzform:
- Mit den richtigen Rechtstexten (z. B. vom Händlerbund) lässt sich vieles absichern, DSGVO, Fernabsatz, Basisinfos: passt.
- Aber technisch ist noch Luft nach oben:
- Grundpreisangaben funktionieren kaum, wer sowas verkaufen will, geht ein Risiko ein.
- Der Bestellbutton sagt nicht eindeutig, dass jetzt wirklich gezahlt wird und das ist laut Gesetz ein Problem.
- Für viele Pflichtinfos zu Produkten gibt es keine saubere Lösung, also rein in die Beschreibung oder workarounden.
- Grundpreisangaben funktionieren kaum, wer sowas verkaufen will, geht ein Risiko ein.
Rechtlicher Kurzcheck: TikTok Shop
Eine erste rechtliche Einschätzung zeigt: Viele klassische Abmahnrisiken lassen sich im TikTok Shop mit den richtigen Maßnahmen gut vermeiden. Dennoch erfüllt die Plattform in einigen wichtigen Punkten derzeit nicht vollständig die regulatorischen Anforderungen des deutschen Onlinehandels.
Wer die vom Händlerbund bereitgestellten Rechtstexte nutzt, erfüllt die wesentlichen Informationspflichten für Fernabsatzverträge und Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie die Anforderungen der DSGVO. In dieser Hinsicht sind Händler auf der sicheren Seite.
Die technische Einbindung dieser Rechtstexte im TikTok Shop ist zwar nicht ideal, wird bei Beachtung der Umsetzungsempfehlungen aber noch als rechtlich vertretbar angesehen.
Wie bei allen Plattformen gilt jedoch: Die bloße Nutzung korrekter Rechtstexte schützt nicht vor sämtlichen Abmahngründen. Besonders heikel ist die Umsetzung der Preisangabenverordnung (PAngV): Während der Gesamtpreis in der Regel korrekt dargestellt werden kann, ist die Pflichtangabe des Grundpreises bei entsprechenden Produkten technisch kaum umsetzbar – was ein rechtliches Risiko darstellt.
Ein weiterer Schwachpunkt betrifft den Bestellbutton. Nach der sogenannten „Button-Lösung“ (§ 312j BGB) muss dieser eindeutig auf eine zahlungspflichtige Bestellung hinweisen – etwa durch die Formulierung „zahlungspflichtig bestellen“. Aktuell erfüllt TikTok diese Anforderung nicht klar genug, was zu Abmahnungen führen könnte.
Auch bei produktspezifischen Pflichtinformationen zeigt sich die Plattform wenig flexibel. Es fehlen technische Funktionen zur Darstellung notwendiger Pflichtangaben – etwa separate Schaltflächen oder standardisierte Infobereiche. Händler müssten daher alle Pflichtinformationen in die Produktbeschreibung einarbeiten, was in der Praxis zu Platzproblemen und Darstellungsfragen führt.
Einzelne Warengruppen – wie etwa Lebensmittel, energieverbrauchsrelevante Produkte oder chemische Erzeugnisse – sind daher aktuell nur eingeschränkt oder gar nicht rechtskonform über TikTok verkäuflich. Das Risiko, Informationspflichten nicht vollständig erfüllen zu können, ist hier besonders hoch.
Fazit:
Der TikTok Shop bietet spannende neue Möglichkeiten im Social Commerce, ist aus juristischer Sicht aber noch nicht auf dem Niveau klassischer Shopsysteme oder etablierter Marktplätze. Wer ihn nutzt, kann mit den Rechtstexten des Händlerbunds eine gute Grundlage schaffen, sollte jedoch die verbleibenden Risiken – insbesondere bei bestimmten Produktgruppen – realistisch einschätzen. Im Zweifel empfiehlt sich eine individuelle rechtliche Beratung. Aktuell sind uns noch keine Abmahnungen im Zusammenhang mit dem TikTok Shop bekannt.
Stand: 12. Mai 2025
Kurz gesagt: Wer einfache Produkte verkauft, ist schon jetzt dabei. Wer komplexere Sachen im Sortiment hat, wartet besser noch oder holt sich rechtlichen Support, um die Produkte exakt zu prüfen.
Warum wir Deutschen uns oft selbst im Weg stehen
Es ist schon auffällig: Kaum rollt was Neues an, fangen wir an zu zweifeln, zu warnen, zu relativieren.
TikTok Shop ist ein gutes Beispiel: Statt zu sagen „Läuft noch nicht rund, aber spannend!“, heißt es gleich „Finger weg, rechtlich heikel!“
Diese Haltung bremst uns. Was uns fehlt, ist nicht ein wasserdichtes System, was uns fehlt, ist öfter mal die Haltung zu sagen: „Nicht perfekt, aber wir kriegen das gemeinsam sauber hin.“
Denn klar ist auch: TikTok wird nachjustieren.
Das ist keine Mutmaßung, das ist Plattformlogik. Große Märkte wie Deutschland sind zu wichtig, um sie auf Dauer nicht zu bespielen. Die juristischen Baustellen werden weniger, so wie bei jeder Plattform vorher auch.
Also: Wegrennen oder loslegen?
Ehrlich? Wer heute auf perfekte Rechtssicherheit wartet, kann sich gleich wieder in den Amazon-Sandkasten setzen.
TikTok Shop ist nicht perfekt. Aber die Reichweite ist enorm, das Shoppingverhalten verändert sich und wer jetzt startet, lernt, testet, sammelt echte Erfahrungen. Während andere noch abwarten und grübeln.
Wer erst loslegt, wenn alles rechtlich, technisch und strategisch glänzt, wird sich später fragen: „Warum bin ich nicht früher reingegangen?“
Also: kein blinder Aktionismus. Aber auch kein Kopfeinziehen.
Mach es wie ein echter Unternehmer: Kenne dein Risiko. Entscheide bewusst. Und lass dir nicht von außen kaputtreden, was für dich funktionieren könnte.
Disclaimer, bevor jetzt jemand meckert:
Das hier ist keine Rechtsberatung. Sondern eine unternehmerische Einordnung. Wenn du Produkte in den kritischen Kategorien anbietest, lass es prüfen.
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